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Rundgang Sehenswertes (84)

Ausgangspunkt der Entfernungsberechnung:
Villenführer Greiz | Greizer Neustadt - Das Gründerzeit Quartier - Villa Wilhelm Eilers (4)

Karte

Villa Wilhelm Eilers (4)

aufgenommen in Kategorie:
Rundgang Sehenswertes - Bauwerke/Denkmäler
Name: Villa Wilhelm Eilers

Bauherr: Wilhelm Eilers
Architekt: Wilhelm Eilers

Bauzeit/Baustil: 1882-1885 im Stil des Klassizismus und der Renaissance, errichtet für Bauherrn und Baumeister Wilhelm Eilers

Geschichte des Baues:

Die Villa wurde in den Jahren 1882-1885 für Wilhelm Eilers errichtet, der zugleich Bauherr, Architekt und Nutzer war, bevor sie 1906 vom in Greiz ansässigen Fabrikanten Alexander Zirnité (Firma Zirnité & Kolbig) erworben wurde. Das markante Gebäude überstand sämtliche Wirren der Kriegs-, Nachkriegs-, DDR- und Wendezeit in Privatbesitz und wurde bis 1993 von der jüngsten Enkelin Zirnités, Margot Dreimann, bewohnt. Anschließend war die Villa für einige Jahre Spekulationsobjekt, blieb aber leerstehend. Seit 2007 befindet sie sich die Villa wieder in Privatbesitz und wird seitdem schrittweise restauriert.

Greizern ist das Haus bekannt durch einen „Englisch Club“, der zu DDR Zeiten von der Englischlehrerin Frau Beer im Mansardengeschoss geleitet wurde und in dem der renommierte Schriftsteller Reiner Kunze („Die wunderbaren Jahre“) seine Gedichte vortrug; ein Hinweis findet sich in seinem zeitgeschichtlich einflussreichen Werk „Deckname „Lyrik"“, in dem aus seiner Akte für Staatssicherheit vermerkt wurde:

„Werdau, den 5.6.1969

Inoffiziell wurde bekannt, dass in Greiz ein sogenannter Englisch-Club existiert. In diesem Club trägt der Lyriker Reiner Kunze seine Gedichte vor…Dieser Club wird von einer …Dame, ca. 75 Jahre alt, geleitet…Zu diesem Club gehören etwa 15 Personen, darunter die Studentin W…Die W. brachte zum Ausdruck, dass man dort sich endlich einmal…richtig unterhalten…und auch politische Gespräche führen kann, ohne Gefahr zu laufen, gehört zu werden, weil diese in der englischen Sprache geführt werden…Bei der Auswertung des Berichtes bitten wir zu beachten, dass die W. nur gegenüber unserem IM diese Äußerung gemacht hat.“

Heutige Nutzung:
Die Villa befindet sich seit 1882 in Privatbesitz und wird in dieser Tradition auch von den Neubesitzern genutzt.

Beschreibung:
Das Anwesen mit Gartengrundstück und Einfriedung ist durch das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in das Denkmalbuch als Kulturdenkmal (Sache im Sinne des Gesetzes, d.h. Einzeldenkmal) aus geschichtlichen/künstlerischen und städtebaulichen Gründen eingetragen.

Es handelt sich bei dem Objekt um einen zweigeschossigen, reich gegliederten verputzten Massivbau auf Souterraingeschoss über L-förmigen Grundriss mit ausgebautem steilen Mansardengeschoss. Neben der besonders aufwändigen Fassadengliederung durch Standsteingesimse, Putzgebälke und Putzelemente, beeindrucken auch das konstruktive Gefüge, die Raumstrukturen sowie diverse bauzeitlich wandfeste Ausstattungen, u.a. eine offene geschwungene Treppenanlage, zweiflügelige Holzfenster mit Oberlicht, doppelflügelige Kassettentüren mit Portalen, hochwertige Fußbodenbeläge, eine zweiflügelige Haustür, Deckenstuck u.v.m.

Wilhelm Eilers, dessen Name in einer Kartusche im Obergeschoss verewigt ist, gliederte die Fassade mit zahlreichen Gesimsen und Friesen. Der seitlich gelegene Hauseingang besitzt ein reich verziertes Portal mit schmiedeeisernen Füllungsgittern, Schnitzarbeiten und Verglasungen und ist über eine Freitreppe erreichbar. Aufwändig  gestaltet sind auch die detaillierten Fenstergewandungen mit ihren Blendbalustraden vor den Brüstungen und dem verzierten Säulen- und Bogenwerk. Beachtenswert die unterschiedlichen Giebel, die an der Schauseite gut zu sehen sind. Der Baumeister variiert hier jeweils das gleiche Element, einen gesprengten und verkröpften Giebel, indem er es im Stil des Klassizismus bzw. der Renaissance ausführt. Auch im Innern des Hauses haben sich bauzeitliche Details im Originalzustand erhalten, wobei hier nur auf den herrlichen Treppenaufgang, hochwertige Wandmalereien und -vertäfelungen hingewiesen sei.

Besonderheit:
Baukörper Fassadengestaltung, Raumstrukturen und Ausstattung bilden aus Denkmalschutzsicht eine gestalterische Einheit.

Quellen:
Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie

Denkmalliste des Landkreises Greiz

Deckname „Lyrik“ - eine Dokumentation von Reiner Kunze
Fotos: Susanne Lessmann

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